Ich darf Euch als Praktikantin von der Taubenrettung von Gandolfs Taubenfreunden berichten, die Lisa Maria Otte und ich begleitet haben. Im September 2021 konnten wir Susanne von der Taubenschutz-Initiative bei dieser Rettung unterstützen und tatkräftig mithelfen.
Kurz zu mir: Ich bin Philine und mache im Rahmen meines Studiums ein Praktikum bei Lisa Maria und ihrer Referentin Katrin Meyer im Resort Tierschutz. Im Rahmen des Praktikums konnte ich bei vielen verschiedenen Veranstaltungen zuschauen und teilnehmen. Der aufregendste Termin war diese Taubenrettung.
Gandolfs Taubenfreunde ist eine Initiative, die sich ehrenamtlich um die Tauben in unserer Stadt kümmert. Wenn man kranke oder verletzte Tauben findet, kann man sich bei den Taubenfreunden melden. Sie kümmern sich u.a. um Küken, die nicht mehr von ihren Eltern gepflegt werden. Sehr wichtig ist auch die politische und die Öffentlichkeitsarbeit, mit der die Aufmerksamkeit auf die Tauben und deren Elend gelenkt wird. Und wenn es erforderlich ist, vergrämen Gandolfs Taubenfreunde tierschutzgerecht Tauben, die nicht weiter an dem Ort leben können und dadurch Zweifelsfall sterben würden.
Bei einem dieser Termine waren wir live dabei.
Vorbereitungen aufs Tauben retten
Dieser Taubenrettungseinsatz ist mein allererster und dementsprechend bin ich ziemlich aufgeregt. Schließlich kann ich mir vorher nicht vorstellen, was mich erwartete. Lisa Maria geht es da, glaube ich, ziemlich ähnlich.
Die Aktion findet in der ehemaligen Marzipanfabrik in Altona statt. Ein Teil der alten Gebäude soll abgerissen werden. In diesem Teil der Gebäude haben sich Tauben niedergelassen, aufgeteilt in einem “neuen” und einem “alten” Taubenschlag. Gandolfs Taubenfreunde wurden eingeschaltet, um die Tauben tierschutzgerecht zu vergrämen. Das ist nötig, damit Tiere, die beim Abriss nicht selbst aus dem Gebäude fliegen können, vorher von Gandolfs Taubenfreunden gerettet werden können. Die betroffenen Tiere sind meist Küken oder Jungvögel, die noch gar nicht oder ungenügend fliegen können. Susanne würde also gegebenenfalls Küken und Jungvögel in Obhut nehmen und Eier durch Gipseier austauschen, damit hier keine neuen Küken geboren werden.
Nachkontrolle im “neuen Taubenschlag”
Der neue Taubenschlag wurde bereits von Susanne untersucht, die schon mehrfach vor Ort war. Die Räumlichkeiten lagen im ersten Obergeschoss und den Hinweisen an den Wänden nach zu urteilen, war das eine alte Büro- oder Produktionsfläche.
Bei einer Begehung achtet Susanne auf alle möglichen Details und Hinweise, wo in den Räumen Küken oder Eier sein könnten. Von Susanne haben wir nämlich Spannendes gelernt: Tauben bauen keine Nester wie wir sie kennen, also aus Stöcken, Ästen usw., weil sie Felsenbrüter sind. Man erkennt die Nester nur an geringen Ablagerungen, zum Beispiel durch Kot. In diesen Räumen haben die Tauben auch am Boden genistet. Das scheint ungewöhnlich zu sein, denn in der Stadt lässt sich dieses Verhalten in der Öffentlichkeit nicht beobachten – durch das Brüten an erhöhten Stellen weichen die Tauben Störungen aus. Susanne hat erklärt, dass sie besonders nach versteckten Nestern sucht. Deswegen schaut sie auch hinter Gegenstände, die an der Wand lehnen oder offen sind. Beim ersten Rundgang hatte Susanne ein Nest in einem Stromkasten gefunden, bei dem die Tür einen Spalt breit offen stand. Es ist also wichtig, sehr aufmerksam durch die Räume zu gehen!
Wir gehen jetzt noch einmal durch die Räume, um auszuschließen, dass neue Eier gelegt wurden. Susanne prüft auch potenzielle Brutplätze, die sie beim letzten Besuch oben an der Wand entdeckt hat. Wir schauen also mit einer Leiter nach, ohne neue Eier oder Küken zu finden. Beim Gang durch die Räume stoßen wir auf drei tote Tauben und eine Vielzahl von Skeletten. Die Tiere leben seit etwa zwei Jahre hier und ich bin überrascht, wie viel Schmutz und vor allem Kot sich in dieser Zeit ansammeln kann.
Die Tür zum alten Taubenschlag wir geöffnet
Nachdem wir uns den neuen Taubenschlag angeschaut haben, stellen wir uns der eigentlichen Herausforderung des Tages. Auch Susanne hat Respekt davor, die bislang verschlossene Tür zum alten Taubenschlag zu öffnen, weil völlig ungewiss ist, wie es dort aussieht und wie es den Tauben geht. Die Sicherheitstür konnte beim letzten Besuch nicht geöffnet werden und war bereits sehr lange verschlossen. Weil die Tür in der Zwischenzeit professionell geknackt wurde, können wir nun den alten Taubenschlag begutachten. Hier wurde vor einiger Zeit ein Taubenschlag betrieben. Doch leider wurde der Betrieb und damit die Betreuung aufgegeben und die Tauben sich selbst überlassen.
Beim Öffnen der Tür kommt uns das Geräusch von aufgeschreckten und hektisch flatternden Tauben entgegen. Damit sich die Vögel nicht verletzen, geben wir ihnen bei geschlossener Tür erst einmal Zeit, um aus dem kleinen Ausflugloch zu fliegen. Das gelingt leider nicht allen Tauben. So teilen wir uns bei unserer Begutachtung den Raum mit einigen Tieren, die in einer Ecke hocken. Weil es so eng in den Raum ist, gehen erst mal Lisa Maria und Susanne hinein, ich blicke durch die Tür und schaue mit etwas Abstand zu. Das ist schon spannend genug ;)! Susanne erkennt zwei Jungvögel, die bereits ein bisschen, aber noch nicht richtig fliegen können. Der Raum ist kleiner als erwartet und vollkommen vollgerümpelt. Licht gibt es kaum. Auf der linken Seite sind Paletten an die Wand gelehnt und auf der anderen Seite alte Türen. Dadurch ist der Raum sehr unübersichtlich und es dauert etwas, dass wir uns im Dunkeln einen Überblick verschaffen. Wir gucken also an alle Stellen und in alle Ecken, in denen Küken oder Eier sein könnten. Obwohl wir ein helles Piepen hören, finden wir kein Küken. Susanne erklärt, dass auch die Jungtiere, die für Laien fast wie erwachsenen Tauben aussehen, diese Geräusche machen können. Sie vermutet allerdings, dass hinter einer Wandverkleidung noch Küken sein könnten. An dieser Stelle kann ich schon verraten: Bei ihrem folgenden Besuch hat Susanne die Platte vor der Wand entfernt und sie konnte ein Küken retten!
Ohne Rettung von Küken, aber dafür mit einem guten Befund für die Tauben schließen wir die Tür zum Taubenschlag wieder hinter uns. Susanne ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: Sie muss keine Küken in Obhut nehmen und die beiden Jungvögel können in ein bis zwei Wochen fliegen. Also bleiben sie bei ihren Müttern, bis sie flügge sind.
So geht es weiter mit dem Taubenschlag
Bis die Gebäude abgerissen werden, werden Gandolfs Taubenfreunde noch einige Male zu den Taubenschlägen fahren, um Eier gegen Gipseier auszutauschen. Später werden dann die Tauben vergrämt und alle Fluglöcher verschlossen. Weil direkt neben den Gebäuden eine überdachte Straße ist, werden sich die Tiere nach der Vergrämung dort niederlassen. Das bedeutet für Gandolf Taubenfreunde, dass auch dort, möglichst kurz vor dem Abriss, noch einmal vergrämt werden muss, damit sich keine Tiere verletzen.
Vielen Dank an Susanne von Gandolfs Taubenfreunde e.V. für die spannende Einblicke, die ausführlichen Erklärungen und natürlich für den unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz!
Neugierig geworden? Dann gleich auf ein Praktikum bewerben.