Nutrias sind immer häufiger in Hamburg zu finden und trotzdem sind die putzigen Nagetiere den meisten Menschen unbekannt. Deswegen hier eine kleine Vorstellung unserer neuen Mitbewohner*innen in der Stadt:
Was sind Nutrias?
Nutrias sind Säugetiere, leben in und am Wasser und sehen den Bibern, die unter Naturschutz stehen, sehr ähnlich. Der Körper der Nutrias ist 45 bis 65 cm lang und das Fell ist gelbgrau bis schwarz mit graubraunem Unterfell. Biber sind etwas größer als Nutria, aber der augenscheinlichste Unterschied zwischen den beiden Tierarten ist der Schwanz: bei Nutrias ist er dünn und 30 bis 45 cm lang, im Gegensatz zur Kelle des Bibers, die platt und breit geformt ist.
Auch anhand der gelben bis leuchtend roten Zähne kann man Nutrias gut von Biber & Co. unterschieden. Diese gelb-roten Zähne helfen übrigens, das Alter der Tiere zu schätzen, denn je älter sie werden, desto leuchtender wird die Farbe. Sie entsteht durch Eisenablagerungen in den Zähnen, um den Zahnschmelz zu härten. Diese nehmen mit dem Alter zu und werden im hohen Alter oder bei Krankheit wieder schwächer.
Obwohl Nutrias am und im Wasser leben, sind sie keine guten Taucher. Trotzdem können sie bis zu 10 Minuten unter Wasser bleiben. Die Schwimmhäute an den Hinterpfoten helfen ihnen beim Schwimmen.
Die Vorderpfoten haben jeweils fünf Krallen, mit denen die Nutria Nahrung sammeln, Fressen halten oder ihr Fell pflegen. Außerdem bauen sie damit Schilfnester, die sie neben den unterirdischen Bauten zum Rückzug nutzen.
Da Nutrias überwiegend vegetarisch leben, fressen sie die Vegetation am Ufer. Manchmal gelangen aber auch Schnecken oder Muscheln in ihr Maul. Die Nahrungsaufnahme findet während der aktiven Zeit in der Dämmerung und Nacht statt. Während dieser Zeit pflegen sich Nutrias auch.
Weil die Tiere Pflanzen im Uferbereich fressen, wurden sie übrigens in Südfrankreich an Fischteichen ausgesetzt, um das Pflanzenwachstum zu beschränken.
Wer schwimmt denn da? Ein Tipp zur Unterscheidung: Der Körper der Biber ist beim Schwimmen unter Wasser, während der Rücken der Nutria während an der Wasseroberfläche zu sehen ist.
Wie kamen Nutrias nach Deutschland?
Nutrias sind keine heimischen Tiere, sie kommen aus Südamerika und wurden von Menschen nach Deutschland gebracht. Inzwischen sind sie längst etabliert. Ursprünglich wurden die Tiere als Pelztiere gezüchtet, in Deutschland seit 1926. Außerdem wurden sie lange Zeit gegessen, besonders in der damaligen DDR. Als die Menschen das Interesse an Fleisch und Fell verloren, wurden viele Tiere einfach ausgesetzt, um sich ihrer zu entledigen. Andere Nutrias haben selbst den Weg in die Freiheit gefunden und sind zum Beispiel Pelzfarmen entkommen. Erstmals wurden wild lebende Nutrias 1933 in Deutschland nachgewiesen.
Wie entwickeln sich Nutria Populationen?
Nutrias haben hier bei uns nur wenige natürliche Feinde. Hauptsächlich wird das Wachstum der Population von kalten Wintern mit Frost und Eis beschränkt, die allerdings immer seltener werden. Unter gefrorenen Eisdecken können Nutrias die Orientierung verlieren und ertrinken. Die Schwimmhäute an den Hinterpfoten und der Schwanz sind außerdem anfällig für Erfrierungen. Wenn der Boden friert, kommen die Tiere auch nicht an die Wurzeln der Uferbepflanzung, es entfällt also eine Nahrungsquelle. In milden Wintern hingegen frieren die Gewässer nicht zu, sodass der Lebensraum der Nutria erhalten bleibt.
Einige tierische Feinde wie Fuchs, Bär, Luchs, Seeadler oder Wolf sind in Hamburg selten und damit eine vergleichsweise kleine Gefahr für die Nutrias. Die größten Bedrohungen sind Menschen und Autos. Und auch Parasiten oder freilaufende Hunde sind in Hamburg ein reales Risiko.
Die Population kann stark wachsen, weil ein Nutria-Weibchen zumeist sechs bis acht Junge in einem Wurf bekommt. Die Tiere werden 130 Tage von der Mutter ausgetragen bis sie weit entwickelt zur Welt kommen: mit offenen Augen und Fell. Schon wenige Stunden nach der Geburt können die Jungtiere schwimmen. Damit die Mutter ihre Jungen auch im Wasser ernähren kann, liegen die Zitzen an den Seiten des Muttertieres. So können die Jungen während der Nahrungsaufnahme über Wasser sein und atmen. Zwei Monate werden die Jungtiere gesäugt und sind nach etwa 90 Tagen eigenständig.
Junge Nutria-Männchen leben meist alleine, während die Töchter bei ihren Müttern bleiben. So kommt es dazu, dass Familienverbände, die aus 12 bis 15 Tieren bestehen, hauptsächlich aus verwandten Weibchen und einem erwachsenen Männchen bestehen. Einige Nutrias leben jedoch auch paarweise.
Wo und wie leben Nutrias in Hamburg?
In Hamburg sind besonders in den Bezirken Bergedorf und Harburg die Chancen gut, Nutrias zu sehen. In Eimsbüttel, Hamburg-Nord und Wandsbek wurden sie bislang nicht gesichtet. Die Nutrias leben an und in den Gewässern der Bezirke. Als Lebens- und Rückzugsort bauen sich die Tiere Erdhöhlen und Tunnel. Diese werden, beginnend am Uferrand vom Wasser aus oberhalb der Wasserlinie in das Ufer-Randgebiet gebaut. Die Bauten entfernen sich dabei höchstens 10 Meter vom Wasser, die Tunnel haben keine Seitengänge. Die Nutrias sehen den Bibern nicht nur optisch ähnlich, sie teilen sich oft auch den Lebensraum, ohne dabei Konkurrenten zu sein. Wenn man also eine Nutria entdeckt, lohnt es sich, auch nach Bibern Ausschau zu halten.
Wie kommunizieren Nutrias?
Weil Nutrias schlecht sehen können, sind sie eher ängstlich. Fühlen sich Nutrias bedroht oder wollen sie ihre Jungen schützen, beißen sie im Ernstfall mit ihren leuchtenden Zähnen die Angreiferin oder den Angreifer. Zuvor knurren oder brummen sie, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen. Dieses Geräusch ist aber nicht mit dem Brummen und Fauchen zu verwechseln, das Männchen von sich geben, wenn sie um ein Weibchen werben.
So hören sich die Drohlaute der Nutrias an.
Grundsätzlich sind Nutrias friedliche Tiere, die sich gut mit anderen Tieren einen Lebensraum teilen können.